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Engagement zwischen Berlin und Europa

28.09.2023

Wie steht es um das Engagement in Berlin heute? Welche Besonderheiten gelten für europäisches Engagement und welche Herausforderungen bestehen? Diese Fragen standen im Zentrum der Diskussionsveranstaltung „Zukunft des europäischen Engagements in Berlin“ des Europa HUBs Berlin am 18. September 2023. Nach der Eröffnung von Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten und Internationales in der Senatskanzlei Berlin Florian Hauer diskutierten aus den Bereichen Engagement und Europa:

  • Janis Fifka, Mitglied des Leitungsgremiums, European Youth Parliament,
  • Dr. Ansgar Klein, Geschäftsführer, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement,
  • Gabriela Siegel, Grassroots Community Manager, European Alternatives,
    Birthe Tahmaz, Programmleitung Gesellschaft der Beteiligung, ZiviZ im Stifterverband und
  • Friedemann Walther, Referatsleiter Bürgerschaftliches Engagement und Demokratieförderung, Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
ünf Podiumsgäste der Diskussionsrunde sitzen mit Moderation in einem Halbkreis mit Leinwand im Hintergrund.

Engagement in Berlin

Bürgerschaftliches Engagement ist in Berlin stark verankert – es reicht vom nachbarschaftlichen Engagement im Kiez, über das Engagement im Sportverein bis hin zum Engagement in sozialen Bewegungen. Birthe Tahmaz erläutert,dass in Berlin im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich viele Engagierte mit ihren Initiativen und Organisationen Impulsgeber für sozialen Wandel sein wollen und sich als Akteur der politischen Willensbildung verstehen. Bürgerschaftliches Engagement als solches ist elementarer Bestandteil für die Demokratie und verdient daher nicht nur Anerkennung, sondern auch die notwendige Förderung von staatlichen Strukturen. Dass in Berlin schon gute Rahmenbedingungen für Engagement existieren und es die Berliner Engagement-Strategie gibt, ist auch der selbstbewussten Zivilgesellschaft hier zu verdanken, die für eine stärkere Anerkennung von Engagement lange gekämpft, so Friedemann Walther. Eine künftige Herausforderung, der es zu begegnen gilt, sind fehlende Räume für Engagement.

 

Europa und Engagement zusammendenken

Initiativen in Berlin, die sich zu europapolitischen Themen engagieren und in erster Linie auf die europäische Ebene abzielen, sind häufig weniger mit lokalen Engagementstrukturen in Berlin verbunden. Sie fallen daher laut Janis Fifka etwas aus dem Rahmen und werden besonders in der Förderung noch weniger berücksichtigt. Hier ist noch Potenzial: Zum einen von Seiten der Initiativen die Strukturen für sich in Anspruch zu nehmen und sich zu verbinden, zum anderen von Seiten der Berliner Stellen, die Arbeit der europäischen Initiativen für eine stärkere Verortung von Europa auf lokaler Ebene einzubeziehen.

Aber auch andersrum gilt, Engagement muss mehr als europapolitisches Thema begriffen werden, um die europäische Idee nachhaltig zu stärken und resilienter zu machen. Ansgar Klein weist in diesem Zusammenhang auf bereits bestehende Institutionen wie die Jugendwerke oder die Freiwilligendienste hin, die für die europäische Idee stehen und Engagement entsprechend fördern. Ihre Funktion dürfte nicht unterschätzt werden. Sie dienen als Lernraum und schaffen praktische Erfahrungen, die die europäische Idee weniger abstrakt machen und mit konkreten Inhalten füllen. Allerdings müssen sie zugänglicher werden und damit für mehr Menschen erlebbar. Aus Sicht von Janis Fifka reicht es nicht, dass Europa als etwas Selbstverständliches gilt, Europa sollte vermitteln, dass es etwas ist, für das es sich lohnt sich einzusetzen und zu engagieren.

Gäste der Diskussionsveranstaltung sitzen in Stuhlkreisen und zeigen grüne Karten in die Luft.

Europa in den Alltag bringen

Ob Europa zur Zeit dieses Bild allgemein vermittelt, ist fragwürdig. Friedemann Walther warnt, dass Europa sich für viele schon zu weit von ihrer Lebenswelt entfernt habe. Europa sei ein Projekt für Expert*innen geworden, zu dem sich eine wachsende Zahl von Menschen auch in Berlin nicht mehr zugehörig fühlt. Um dem entgegenzuwirken, müsse Europa wieder mehr ins Lokale. Es sollte deutlich werden, dass Europa vor der Haustür beginnt und auch von dort mitgestaltet werden kann. Gabriela Siegel betont, dass dazu Bezüge zu realen Lebensrealitäten der Menschen in Berlin geschaffen werden müssen, zu Erfahrungen, Schwierigkeiten, die Menschen in ihrem Alltag konkret erleben und die sie verändern möchten, wie Wohnraum, Arbeitslöhne oder Termine bei Ärzt*innen. Ein Start wären niedrigschwellige Angebote zum Mitwirken, die unmittelbare Herausforderungen in den Kiezen angehen, um Arbeits- und Lebensbedingungen zu verändern. Die Bereiche Engagement und Europa können hier eine Brücke schlagen, wenn sie die lokale Berliner Ebene und Europa mehr verbinden und Anknüpfungspunkte von europäischen Visionen zu Lebensrealitäten im Alltag schaffen. Auch mit Blick auf die Europawahl im Juni 2024 wäre ein Zusammenwirken der unterschiedlichen Akteur*innen ein wichtiger Schritt, um Europa in die Kieze zu holen und mehr Wähler*innen zu gewinnen.